NÖN: Das zentrale politische Thema ist derzeit die Innenstadtgestaltung. Aber tritt man dabei nicht auf der Stelle?
Dieter Funke: Die Innenstadt bewegt und beschäftigt uns seit ich in der Politik bin. Wir als ÖVP haben schon im Wahlkampf 2005 verlangt, dass der Hauptplatz das Wohnzimmer der Amstettner werden soll. Wir haben das Problem also lange vor allen anderen Parteien in den Focus gestellt und Maßnahmen sowie Projekte eingefordert. Wir sind auch immer dafür eingetreten, dass wir das Thema, das ja viele Aspekte hat – Wirtschaft, Wohnen in der Innenstadt, Verkehr mit dem Nebenschauplatz Parken – eines ist, das man überparteilich und mit der Bevölkerung diskutieren soll.
Ich habe deshalb auch keinerlei Verständnis dafür, dass es die Bürgermeisterpartei nun auf eine politische Ebene bringt und zu einer Veranstaltung eingeladen hat, die von vorne herein viele Leute ausschließt, die sich eben nicht parteipolitisch vereinnahmen lassen wollen. Das zeigt auch, dass die Aussage der Bürgermeisterin, dass sie für alle Amstettner da sein will, doch nur ein Lippenbekenntnis ist. Bürgerbeteiligung war immer dann ein Erfolg, wenn man sie auf möglichst breiter Basis gemacht hat. Genau das fordere ich auch jetzt beim Thema Innenstadt. Wenn einzelne Parteien ihr eigenes Süppchen kochen, dann kommen wir zu keinen guten Lösungen.
NÖN: Was wären gute Lösungen aus Ihrer Sicht?
Funke: Ich bin nach wie vor überzeugt, dass wir den Hausbesitzern einen Anreiz zur Investition bieten müssen. Ein probates Mittel wäre, das ist ja eine langjährige Forderung von mir, die Bebauungsklasse in der Innenstadt zu erhöhen. Das würde den Wert der Häuser steigern und die verfügbaren Flächen vergrößern. Für die Besitzer wäre es eine Möglichkeit, Wohnraum in der Innenstadt zu schaffen, den wir dringend benötigen. Derzeit haben wir ja total unterschiedliche Bebauungsklassen, oftmals weisen die Gebäude auf der Straßenseite und auf der Rückseite unterschiedliche Höhen auf. Der Stadt würde das alles keinen Cent kosten und auch keine Nachteile bringen. Ich orte mittlerweile endlich auch am Stadtbauamt etwas Verständnis für meine Forderung. Eine Stadt wie Amstetten muss Impulse setzen und das wäre ein ganz wichtiger.
Wie stehen Sie zum Hauptplatz? Würde es Sinn machen, diesen von der Straße abzugrenzen?
Funke: Ich werde mich nicht an der Bewertung von Einzelideen beteiligen, ob ich sie nun für gut oder für schlecht halte. Wir brauchen ein gemeinsames, großes Ganzes und wir müssen die Flächen im Zentrum multifunktionaler bespielen, als das in der Vergangenheit geschehen ist. Wir wissen ja, dass wir ein Problem haben, Leute von der CCA auf den Hauptplatz zu locken, da spielt einerseits der Branchenmix in der Rathausstraße eine Rolle, auf den wir wenig Einfluss haben, aber natürlich auch, dass wir am Hauptplatz selbst zu wenige attraktive Handelsgeschäfte haben, dafür aber zu viele Banken. Das ist historisch so passiert und lässt sich nicht so schnell ändern. Tatsache ist aber: Wir brauchen Frequenzbringer am Hauptplatz. Deshalb fände ich es auch schade, sollte das C&A tatsächlich absiedeln wollen, wie man gerüchteweise immer wieder hört. Hier ist die Bürgermeisterin gefordert Gespräche zu suchen und die Sachlage zu klären – warten auf einen Anruf der Betreiber ist eindeutig zu wenig.
Könnte mehr Parkraum Frequenzbringer in die Innenstadt locken?
Parken: Man muss das alles in einem Gesamtkonnex sehen. Auch dieses Thema hat die ÖVP ja schon 2005 aufgegriffen. Wir müssen den Autofahrern signalisieren, dass sie in der Stadt willkommen sind und dass sie ihre Autos auch abstellen können, ohne von der ersten Minute an dafür zahlen zu müssen. Leider hat es Jahrzehnte gedauert, bis unsere Anregungen aufgegriffen wurden, bislang hat die SPÖ sie immer abgewehrt. Inzwischen liegt aber eine Grobstudie vor, nach der es statisch und bautechnisch möglich wäre, den Parkplatz in der Alten Zeile mit einer zusätzlichen Parkebene zu überdachen. Wir brauchen die Parkplätze ja nicht nur für die Geschäfte und die Leute, die zum Einkaufen kommen, sondern auch für die Bewohner der Innenstadt. Bisher stellen sie ihre Autos mit Jahrespickerl in der Kurzparkzone ab, blockieren damit aber auch Abstellflächen, die den Geschäften wieder fehlen. Da könnte ein Parkdeck Besserung bringen. Egal ob sich mehr Geschäfte im Zentrum ansiedeln oder ob wir mehr Wohnraum schaffen, zusätzliche Parkplätze werden wir auf jeden Fall benötigen. Was wir im Zentrum auch dringend brauchen, sind Lebensmittelgeschäfte. Da muss sich die Stadt proaktiv bemühen, das Angebot zu vergrößern.
Was genau soll da geschehen?
Funke: Da sind jene am Zug, die im Vorjahr angetreten sind, um die Geschicke der Stadt in die Hand zu nehmen – also die rot-grüne Regierung. Tatsache ist, dass bisher nichts geschehen ist, außer der fünften Studie und der 30. Ideenfindungsschmiede.
Bleiben wir noch beim Thema Verkehr. Die Politik ist der Ansicht, dass die Umleitungsstrecke für die alte Zeile funktioniert. Auf Facebook liest man da ganz andere Kommentare!
Funke: Ich sage nicht, dass die Umleitung tadellos funktioniert, aber sie funktioniert. Wenn es zu keinen Staus kommen würde, dann bräuchten wir die Alte Zeile ja gar nicht. Zu sagen, die Probleme im Graben hätten wir nicht, wäre die Wiener Straße in beide Richtungen befahrbar, ist aber unrichtig. Denn das Problem sind nicht die Autos, die vom Osten her kommen, sondern jene, die vom Hauptplatz zum Kreisverkehr Grubergarage hinunterfahren. Sie haben natürlich Vorrang vor den Fahrzeugen, die im Graben aus Richtung Finanzamt kommen und das führt dort zum Stau. Die Stadtpolizei ist aber regelmäßig vor Ort und man kann nur an die Autofahrer appellieren, aufeinander Rücksicht zu nehmen und wirklich das Reißverschlusssystem anzuwenden.
Wie stehen Sie grundsätzlich zur beidseitigen Befahrbarkeit der Wiener Straße?
Funke: Ich meine, dass wir im zukünftigen Verkehrskonzept berücksichtigen sollten, dass die Wiener Straße wieder von beiden Richtungen her befahrbar wird. Denn sonst halten wir jene, die vom Osten kommen, aus dem Zentrum fern. Sie sehen sozusagen zwar den Braten Innenstadt, können ihn aber nicht erreichen. Grundsätzlich warten wir beim Verkehrssystem noch auf die Vorschläge des Büros Snitzek. Ich würde mir allerdings auch von der Ausschussvorsitzenden Brigitte Kashofer von der FPÖ mehr Initiative erwarten
Es wurde in den letzen Monaten intensiv an einem Entwicklungskonzept für Amstetten gearbeitet? Wozu braucht man das?
Funke: Eine Zeit lang hat das Land den Kommunen so ein Konzept vorgeschrieben, inzwischen ist es nur noch eine Empfehlung. Sinn macht es aber auf jeden Fall, wenn man definiert, in welchen Bereichen künftig was möglich sein soll. Wir haben da auch viel Grundlagenforschung gemacht. So gibt es zum Beispiel Flächen, die sich aufgrund ihrer geologischen Beschaffenheit besonders gut für die Landwirtschaft eignen. Diese Flächen muss man für künftige Generationen erhalten.
Wichtig war es uns vor allem, zu definieren, wo im Stadtgebiet Betriebsansiedlungen mit neuen Arbeitsplätzen möglich und gewünscht sind. Umwidmungsverfahren gehen sicher schneller, wenn das Land sieht, dass die Stadt da schon Vorarbeit geleistet hat.
Kommen wir zur Bundespräsidentenwahl. Wie stehen Sie dazu?
Funke: Zum Glück hat der Verfassungsgerichtshof eine so ausführliche und äußerst sachliche Erklärung für die Annullierung gegeben. Und es ist klar herausgekommen: Die freiwilligen Helfer vor Ort, die unentgeltlich ihre Zeit opfern, sind nicht schuld. Diese Erkenntnis ist deshalb so wichtig, weil wir sie wieder brauchen werden. Es wird sehr schwierig werden, da stimme ich der Bürgermeisterin zu, die Freiwilligen der ÖVP und SPÖ zu motivieren, sich nochmals hinzusetzen. Nicht nur bei dieser Wahl, sondern auch bei zukünftigen Wahlen. Auch wir werden darauf schauen, dass andere Parteien ebenfalls ihre Wahlhelfer und Beisitzer stellen. Fünf Minuten vor Schließung des Wahllokals zu kommen, ein bisschen mitauszuzählen, dann das Ergebnis zu fotografieren und zu posten, das ist zu wenig.
Von der Bundes- zurück zur Stadtpolitik: Ihr Resümee von eineinhalb Jahren Rot-Grün?
Funke: Bevor ich mich dazu äußere, möchte ich mich ausdrücklich bei den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Stadt für ihr Engagement bedanken. Ich war erst kürzlich im Bauhof Mauer und konnte mich davon überzeugen, welchen Einsatz die Beschäftigten dort bringen. Drei Tage Heckenschneiden bei über 30 Grad Celsius ist sicher kein Vergnügen. Heutzutage wird schnell kritisiert und von den Leuten immer mehr gefordert, daher ist es wichtig, auch anzuerkennen, wenn tolle Arbeit geleistet wird.
Zu rot-grün kann ich nur sagen: Das ist eine vergebene Chance für Amstetten, auf breiterer politischer Mehrheit, einen ausgewogenen Weg in die Zukunft zu gehen. Die Wahl hätte das ermöglicht, doch die SPÖ hat immer nur im Sinn gehabt, dass die Abstrafung des Wählers auf ihre Mehrheitsverhältnisse keine Auswirkung hat. Die Grünen haben sich benutzen lassen.